Hilfe, meine Keimsprossen schimmeln!

Man hat Bio-Saat gekauft, sein Keimglas nach Vorschrift gespült, die Keimschale regelmäßig frisch gewässert, alles arrangiert wie ein Bonsai-Mönch – und dann? Ein weißer Teppich, flaumiger Pelz überall. Schimmelalarm und Panik.

Die klassischen Hilferufe aus den Foren

Wer sich durch Keimsprossen-Foren klickt, findet sie garantiert: die dramatischen Hilferufe von Neulingen. „Hilfe! Meine Sprossen schimmeln, obwohl ich mich strikt an die Anleitung gehalten habe! Was mache ich falsch?“

Und während erfahrene Sprossenzüchter milde lächeln, strecken sich im Keimglas der anderen gerade die feinen Babyflaume an den Sprossenwurzeln aus, um Wasser zu suchen.

Der große Irrtum: Wurzelflaum ist kein Schimmel

Die meisten Keimlinge entwickeln nämlich in ihren ersten Tagen eine Art Babyflaum – feine, weiße Wurzelhärchen, die aussehen wie kleine Schneekristalle, die sich mutig in alle Richtungen strecken. Zart, filigran, durstig und völlig harmlos. Doch weil Schimmel das Schreckgespenst aller Sprossenneulinge ist und in den Köpfen wie ein dunkler Schatten über jedem Anzuchtversuch schwebt, hält man dieses harmlose Schneegestöber anfangs fast automatisch für den Endgegner selbst.

Sonne ist keine Lösung

Beim zweiten Versuch wird das Ganze dann oft noch verschlimmert durch das klassische: „Ich stell’s mal in die Sonne, das ist sicher gut“-Experiment. Spoiler: Nein. Ist es nicht. Sprossen sind kleine Höhlenbewohner und mögen es eher kühl und luftig als heiß und sonnig auf der Fensterbank.

Echter Schimmel ist selten – und gut erkennbar

In der Tat ist echter Schimmel bei Keimsprossen, die nach Anleitung gezogen werden, äußerst selten. Er lässt sich zudem sehr zuverlässig vom Wurzelflaum unterscheiden. Echten Schimmel riecht man, er wächst wie ein ehrgeiziger Couchpotato in alle Richtungen und präsentiert sich in Farben wie „Kellerwand-Grau“ oder „Oha-das-sieht-nicht-gut-aus-Weiß“. Und anders als die weißen Wurzelhärchen zieht er sich nicht brav zurück, wenn man die Sprossen einmal spült.

Sprossen, die in Ordnung sind, riechen frisch – wie ein Spaziergang über eine Wiese oder einen Kräutermarkt. Schimmel riecht eher wie ein Keller, in dem seit 1984 ein nasses Handtuch hängt. Wer nach dem Geruchstest immer noch unsicher ist, kann die Wurzelhärchen einfach wässern und wird erstaunt feststellen, dass damit der vermeintliche Schimmel umgehend verschwindet.

Wenn es wirklich Schimmel ist

Wer tatsächlich auf echten Schimmel stößt, hat den Keimsprossen entweder zu viel abgestandenes Wasser zugemutet oder ihnen durch zu enge Verhältnisse die Luft abgeschnitten. Dann gilt: alles entsorgen, alle Utensilien heiß auswaschen und mit weniger Samen, besserer Belüftung und häufigerem Spülen einen Neuversuch starten.

Zum Schluss

Also: keine Panik, kein Drama. Schimmel ist ein Thema, das jeder Sprossen-Neuling einmal durchlebt. Keep Sprouting! 🌱😄